Menschen mit Behinderung messen Qualität sozialer Dienstleistungen
Manne Lucha besucht nueva Süd
Passende Arbeitsplätze auf dem Arbeitsmarkt zu finden, ist für Menschen mit Behinderung weiterhin mit besonderen Herausforderungen verbunden. Häufig wird diesem Personenkreis nicht einmal zugetraut, eine Ausbildung zu machen. Umso bemerkenswerter ist es, dass vierzehn Personen eine vom Sozialministerium geförderte Qualifizierung absolvierten. Als Ergebnis erhielten fünf Teilnehmer einen Arbeitsplatz im Unternehmen 1a Zugang Beratungsgesellschaft, welches die Qualität sozialer Dienstleistungen misst.
In einem kleinen Büro in Stuttgart befinden sich die Arbeitsplätze der fünf Menschen mit Lernschwierigkeiten, die sich in den vergangenen zwei Jahren zu Experten der Qualitätsmessung sozialer Dienstleistungen qualifizierten. „Bevor ich hierher kam, habe ich in einer Werkstatt für behinderte Menschen gearbeitet“, erklärt Henrike Bergmeier. Heute fährt die Evaluatorin verschiedene Werkstätten und Wohnheime für behinderte Menschen an, um mit den Betreuten vor Ort die Qualität der erhaltenen Dienstleistung festzustellen. „Wir reisen viel, denn wir sind im gesamten süddeutschen Raum unterwegs“, berichtet die Rollstuhlfahrerin stolz. Nueva heißt das Geschäftsfeld der 1a Zugang Beratungsgesellschaft in Gärtringen. Es leitet sich ab aus den Begriffen „Nutzer evaluieren“. Die dort beschäftigten Menschen sind ehemalige Nutzer sozialer Dienstleistungen. Sie treten nun als Experten auf. Sie messen und beschreiben die Qualität von Dienstleistungen für Menschen mit Behinderung. Es geht dabei um die Qualität, wie sie tatsächlich bei den Nutzern ankommt und von ihnen wahrgenommen wird. „Da unsere Evaluatoren den Personenkreis der Nutzer sozialer Dienstleistungen aufgrund eigener Betroffenheit gut kennt, entsteht bei Nutzerbefragungen schnell eine gewisse Vertrautheit“, berichtet Geschäftsführer Markus Metz. „Dadurch erhalten unsere Befrager sehr authentische Antworten, wenn es um die Qualitätsmessung der Dienstleistung geht.“
Bis es dazu kam lernten sie zwei Jahre lang, wie sie Bedürfnisse und Qualität beobachten, erkennen und messen können, wie eine Evaluation abläuft und wie ein Ergebnis präsentiert werden kann. Dazu kamen allgemeine Inhalte wie Datenschutz, Informationen über Behinderungsarten, Selbstorganisation, Zeitmanagement und viele weitere Themen. Alle Teilnehmer haben von der Qualifizierung in besonderem Maß profitiert. Es hat sich viel für sie geändert: Sie haben sich aus dem geregelten Alltag einer Werkstatt für behinderte Menschen auf den Allgemeinen Arbeitsmarkt bewegt. Und dort zeigen sie höchste Flexibilität. „Wenn wir die Bewohner in einem Wohnheim befragen, müssen wir natürlich dann vor Ort sein, wenn es auch die Bewohner sind“, erklärt Henrike Bergmeier, „und das ist nun mal am späteren Nachmittag oder auch samstags.“ Sozial- und Integrationsminister Manne Lucha zeigt sich folglich beeindruckt: „Die selbstbewusste Art, mit der die Evaluatoren ihren Arbeitsbereich darstellen, ist etwas ganz Besonderes. Es freut mich sehr, dass wir auch durch unsere Förderung diesen Menschen eine solche Entwicklung ermöglichen konnten.“ In der Qualitätsbefragung von Nutzern durch ehemalige Nutzer sozialer Dienstleistungen sieht er genau den richtigen Weg. „Wir werden den Paradigmenwechsel weiter vorantreiben und die Selbstbestimmung ins Zentrum stellen. Denn die betroffenen Menschen wissen genau, was sie wollen. Und die Dienstleister müssen sich daran orientieren“, so der Minister. Da passt das vorgestellte Vorgehen gut zur angestrebten Entwicklung. So wundert es auch nicht, als Geschäftsführer Metz darüber berichtet, dass nueva einen Teil der Evaluation des Landesaktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Auftrag des Sozialministeriums 2020 übernehmen wird. Für diese anspruchsvolle Aufgabe wird das junge Unternehmen ein passendes Konzept entwickeln, Befragungen durchführen. Dass es dazu in der Lage ist haben die Evaluatoren in bereits über 1.000 Befragungen 2019 erfolgreich nachgewiesen.