Brücken auf den Arbeitsmarkt durch Qualifizierung für Menschen mit Behinderung

Chancen durch Vielfalt

Für Menschen mit Behinderung sind die Möglichkeiten sich beruflich zu qualifizieren und weiterzubilden oft eingeschränkt. Unter dem Titel „Berufskarrieren neu denken“ gab eine Tagung wichtige Impulse zur Entwicklung von Qualifizierungsbausteinen.

Eine Tätigkeit auf dem Arbeitsmarkt zu finden, stellt Menschen mit kognitiven Einschränkungen vor große Probleme. Das liegt einerseits daran, dass nur selten passende Stellen ausgeschrieben sind, andererseits an den Qualifikationen der betroffenen Personen. „Berufliche Ausbildung schließt in Deutschland in vielen Bereichen Menschen mit Behinderung aus“, erklärt Markus Metz, Bildungsleiter der GWW und Geschäftsführer der 1a Zugang Beratungsgesellschaft. „Es ist wichtig, dass für diesen Personenkreis stabile Brücken in Form von passgenauen Qualifizierungsangeboten in Richtung einer staatlich anerkannten Berufsausbildung gebaut werden.“ Doch neben zielgruppengerechten Angeboten fehlt es vor allem auch an festen Finanzierungsmöglichkeiten.

Das vom Ministerium für Soziales und Integration geförderte Projekt „Chancen durch Vielfalt“ versucht Lösungen zu finden, die allen Menschen das Recht auf Bildung ermöglichen. Zusammen mit dem Hofgut Himmelreich haben die GWW während den vergangenen zwei Jahren einen Leitfaden entwickelt. Anhand dieses Leitfadens können Berufsbilder in passende Qualifizierungsbausteine aufgegliedert werden. „Jeder Mensch hat sein eigenes Lerntempo und seine eigene Lernweise. Diese gilt es bei der Planung und Durchführung von Bildungsangeboten zu berücksichtigen“, weiß Metz. Das Ergebnis des Projekts wurde auf einer Fachtagung mit 100 interessierten Fachleuten lebhaft diskutiert. Durch ein aktives Netzwerk möchten die Teilnehmer von den Erfahrungen der anderen aus ganz Baden-Württemberg profitieren. Ziel ist, vorhandene und noch entstehende Qualifizierungsbausteine zum Beispiel durch die IHKs anerkannt zu bekommen. Betriebe des Arbeitsmarkts erhalten damit eine verlässliche Information über die jeweilige Teilqualifikation von Bewerbern mit kognitiven Einschränkungen. In der GWW bestehen damit schon Erfahrungen bei den anerkannten Qualifikationen im Metall- und Lager-Logistik-Bereich. Zusammen mit den Erfahrungen mit Qualifizierung im Gaststättengewerbe des Hofguts Himmelreich dienen sie als Basis des entwickelten Leitfadens. „Es ist wichtig, dass wir unsere Ideen ständig in der Praxis testen“, so Metz. In der GWW haben im Rahmen des Projekts sechs Menschen mit Behinderung am Logistikstandort Böblingen an entsprechenden Qualifizierungen teilgenommen. Die positive Wirkung wird auch an den erfolgreichen Übergängen in Festanstellungen in der Logistikbranche erkennbar.

Bei der Podiumsdiskussion mit Vertretern des Kommunalverband Jugend und Soziales, der IHK, der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten, sowie einem Vertreter der in Werkstätten beschäftigten Menschen mit Behinderung wurde deutlich, dass die Entwicklung solcher Bildungsangebote bei der erfolgreichen Umsetzung der Behindertenrechtskonvention und dem 2017 in Kraft getretenen Bundesteilhabegesetzes (BTHG) unabdingbar ist. „Der Qualifizierungsabschluss muss verlässlich sein. Die Menschen müssen wissen, auf was sie sich einlassen“, bringt es Konstantinos Savvidis als Vertreter von Werkstattbeschäftigten auf den Punkt. So sehen es auch die anderen Teilnehmer. Auch das Sozialministerium unterstützt die Bemühungen: „Das Projekt passt sehr gut in den Zielkorridor der bestmöglichen Umsetzung der Behindertenrechtskonvention und des BTHG. Und nachdem es nun ein Budget für Arbeit gibt, fehlt nur noch ein passendes Budget für Bildung“, meint Ministerialdirektor Prof. Dr. Wolf-Dietrich Hammann.