Besuch in der Realschule - Igor Resler erzählt Schülern über seinen Alltag

Tablet gibt Menschen mit Behinderung eine Stimme

von Steffen Müller

Kommunikationsworkshop mit Menschen mit Behinderung an der Realschule

Zwei Menschen mit Behinderung aus den Förder- und Betreuungsbereichen der GWW besuchten zusammen mit ihren Assistentinnen die Heinrich Immanuel Perrot Realschule in Calw. Aufgrund ihrer Behinderung können sie nicht sprechen. In ihrem Workshop „Sprachlosigkeit? Kein Hindernis für uns!“ berichteten sie über ihren persönlichen Alltag. Durch verschiedene Hilfsmittel können Sie trotz ihrer Behinderung am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Als Experten in eigener Sache zeigen sie den Schülerinnen und Schülern, wie sie mithilfe von Tablets kommunizieren.


Gespannt sitzen zehn Schülerinnen und Schüler mit ihrem Lehrer um Igor Resler und Bernd Oberdorfer. Die beiden sitzen im Rollstuhl. Vor ihnen ist an einer Halterung eine Art Tablet befestigt. „Das ist mein Talker“, erklärt Igor. „Schon in jungen Jahren habe ich den Umgang mit dem Talker gelernt. Durch ihn kann ich sagen, was ich möchte, was ich brauche und mit Leuten sprechen.“ Der 30-jährige steuert das Gerät mit den Knien. Unter einem kleinen Tisch befinden sich zwei große Taster. Mit den Knien kann er auf diese drücken und so den Cursor auf dem Bildschirm bewegen, vorgefertigte Sätze auswählen oder über die Auswahl einzelner Buchstaben eigene Sätze formulieren. Der Talker liest diese Sätze dann vor. Wie anstrengend das ist und wie viel Zeit das braucht, davon konnten sich die Schülerinnen und Schüler selbst ein Bild machen. Im Workshop des durch das Diakonische Werk Württemberg geförderten Projekts konnten sie das Tablet ebenfalls mit den Knien bedienen. „Das dauert ganz schön lang, bis da ein ganzer Satz geschrieben ist“, bemerkt eine Schülerin. Hoch konzentriert gibt sie ihren Text über die Taster mit ihren Knien in das Gerät ein.

Im Gegensatz zu Igor steuert Bernd seinen Talker mit dem Kopf. Links und rechts befinden sich an seinem Rollstuhl zwei Taster. Das ganze sieht aus wie eine Art Kopfstütze. Wenn er mit dem Kopf links oder rechts gegen den Taster drückt kann auch er den Cursor auf dem Bildschirm bedienen. „Ich bin 58 Jahre jung und habe bisher mit den Augen gesprochen. Dazu habe ich das Morse Alphabet genutzt. Aber das Morse Alphabet kann kaum jemand. Daher ist es schwer damit zu kommunizieren“, berichtet Bernd. „Seit Dezember habe ich nun den Talker, der mir den Alltag sehr erleichtert. Endlich kann ich selbst etwas sagen.“

Wie vielfältig diese Geräte eingesetzt werden können berichten die Assistentinnen der beiden, Vanessa Reich und Brenda Schülke: „Bernd hat das Gerät noch nicht so lang und ist noch kräftiger üben, aber Igor nutzt es in Verbindung mit seinem Smartphone und kann damit problemlos SMS versenden.“ Das war vor vielen Jahren noch nicht möglich. Da hat man sich dann mit Bildkarten in der Kommunikation beholfen. Und teilweise konnten die betroffenen Personen ihre Wünsche gar nicht äußern, weil die passenden Bildkarten fehlten. Heute können sie sich vielfältig einbringen. Tagsüber sind beide im Förder- und Betreuungsbereich der GWW. Dort, so erzählt Bernd, sei er in einem Beirat aktiv. Er vertritt die Meinungen und Ansichten von Menschen mit Behinderung. Er sammelt deren Wünsche und Meinungen und transportiert diese über das Gremium zur Unternehmensleitung. „Zum Beispiel wollen wir, dass keine schwierigen und englischen Wörter verwendet werden, sodass wir alles gut verstehen können.“ Staunend folgen die Schülerinnen und Schüler den Ausführungen der beiden. Auch deren Lehrer, Sebastian Gericke, ist beeindruckt: „Allein schon die Begegnung mit Igor und Bernd ist sehr interessant. Aber dass trotz der starken Beeinträchtigung Kommunikation stattfinden kann, ist wirklich eine ganz wichtige Erfahrung für uns alle.“